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Bergwanderung von Beverungen nach Herstelle (1955)

Amt Beverungen 1956 15 Januar, 2010

Heute (1955) wandern wir mit Hermann Nolte von Beverungen nach Herstelle. Da werden Namen auftauchen, die sofort Vergangenes und Vergessenes wieder lebendig werden lassen: DAS kenne ich noch, und DA war der Schlüsselblumenhang, und DAS…und DIESES… und…und….

September und Oktober sind mir unter den zwölf Monaten des Jahres die zwei liebsten, weil diese milden Herbsttage fürs Wandern angenehmer sind als die schwülen Juli- und Augusttage. Und da sich der Scheiding* und der Gilbhart** in diesem Jahr so sonnig aufführten, zog ich tagtäglich hinaus in die herrlichen Waldungen um Beverungen herum.
*Scheiding = September
**Gilbhart = Oktober

Eine Halbtagstour wird selten gemacht, ist aber für rüstige Fußgänger äußerst lohnend. Man geht vor den Toren der Stadt nur ein kurzes Stückchen über die vom modernen Verkehr zwar gefährlich belebte aber sonst landschaftlich reizvolle Hersteller Straße. Unmittelbar hinter dem Forsthaus Karlsbrunn biegt man rechts ab und fogt dem sanft ansteigenden Feldweg. Zuverlässiger Wegweiser ist von hier ab eine besondere Markierung.
Vor dem Waldrand ist ein schöner Blick auf Beverungen. Der Weg führt nun steil aufwärts in Kurven durch lichte, hohe Buchen bis zur Höhe des Mühlenberges. Der breite, saubere Höhenweg durch Buschwald bis zum Jakobsberger Feld ist mühelos zu begehen und durch seine schöne Ruhe gerade in diesem Teil besonders wohltuend.
Mühlenberg und Jakobsberger Äcker haben eine seltene Flora: die unbewegte Luft ist hier im September und in diesem Jahr noch im Oktober erfüllt von Duft der wilden Minze, Hundszunge, Teufelskralle, Adonisröschen, Wolfsmilch und anderem Kraut. Man genießt die kräftige, würzige Höhenluft und folgt nun am Waldessaum dem betretenen Pü(i)rschpfad. Nach Ãœberquerung der tiefen, abschüssigen Schiffstalschlucht steht man vor einer bisher forstwirtschaftlich genutzten großen Fläche, die nun aber durch siedlungspolitische Maßnahmen gerodet ist – wie seit Jahrtausenden arbeitet der Mensch auch heute noch an der Umgestaltung der Landschaft – und die jetzt von der Gemeinde Jakobsberg landwirtschaftlich genutzt wird.

Wenn man an der großen Neulandfläche vorbei ist, wandert man weitert durch wundervollen Busch- und Buchenwald (Waldfußweg Haarbrück-Herstelle). Hier unter den hohen, schlanken Buchen, untermischt von stattlichen Kiefern, pocht das Herz des Waldes, hier trinkt in vollen Zügen die Lunge die erqickende, sauerstoffreiche Luft, nimmt das Auge die großartigen Waldbilder und wunderbaren Waldgeheimnisse auf. Es gibt für mich nichts Schöneres, als an sonnigen Sommer- und Herbsttagen unter freiem Himmel über diese Berghöhen frei und allein durch solch majestätischen Hochwald zu wandern.

Ein schmaler Pfad führt endlich durch eine Schonung und man steht plötzlich auf einem der schönsten Aussichtspunkte im Wesergebirge, auf dem „Weserblick“ des Rotsberges (Roter Berg). Nach den mannigfaltigen engeren Waldbildern ist das wirklich die überraschende Krönung der Wanderung.
Von der Bergspitze genießt man einen herrlichen Blick auf eine typisch deutsche Landschaft, auf die vielseitige und doch so harmonische Wesergebirgslandschaft. In der Tiefe eine weite Talmulde mit der lieblichen Stadt-Silhouette von Beverungen, gesegnete Ackerfluren und darin verstreut freundlich grüßende Dörfer: Herstelle, Würgassen, Lauenförde, Blankenau, Meinbrexen, Derental. Weit schweift der Blick über die unverbildeten Weserberge und Weserwälder in der Nähe und Ferne bis zum Köterberg im Norden, nach dem Solling im Osten, dem Reinhardswald im Süden.
Eine Fernsicht von solch überwältigender Schönheit läßt den Bergwanderer eine Weile verharren…..Ja, da oben auf dem Berggipfel „Weserblick“ lernt man das Schauen und Staunen, da oben ist Ruhe und Stille, Licht, Sonne, Kraft und mehr noch: da ist Freuen über die verschwenderische Schönheit der Heimat.

Noch ein letzter Blick auf die Heimatlandschaft, noch ein letztes Grüßen all den lieben Orten, und wir steigen – von der interessanten Bergtour stark beeindruckt – den steilen Bergabhang hinunter nach der beliebten Sommerfrische Herstelle. Von hier Heimfahrt mit dem Dampfer oder zu Fuß an der Weser entlang nach Beverungen.

Hier paßt sehr gut ein Lied von Ronny – da kann man das Gelesene noch einmal so richtig sacken lassen. Augen zu und träumen…., und jeder setzt am Schluß des Liedes den Namen ein, der für ihn….und so….

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