Willi´s Erzählungen
Willi´s Erzählungen » 2011 » September

Beverunger Zeitzeugen

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Die folgenden Bilder schickte mir Burkhard Deppe, ein Ex-Beverunger, der jetzt im „Hohen Norden“ wohnt. Seine Heimat in jungen Jahren war auch die Mühlenstrasse. Da bewahrheitet es sich doch: DIE WELT IST KLEIN und keiner geht verloren.

1949/50 bauten die Beverunger „ihre“ Brücke wieder auf. Es muß eine fürchterliche  Knochenarbeit gewesen sein. Allein der Anblick der Bilder treibt einem den Schweiß auf die Stirn und die Schwielen in die Hände.

Unsere/meine Mühlenstrasse. Auf dem linken Bild hat gerade die Zeit des Autos begonnen. Der Borgward war schon ein sehr schönes Auto. Der Spar-Laden ist zu sehen und die Wäscherei Heinemann und natürlich mein „Groß-Werd-Haus“, welches am Ende der Straße steht und total mit Wein zugewuchert ist. Und meine „Schlaf-Pappel“, welche so rank und schlank in den Himmel zeigt. Sie war ein guter Einschlaf-Partner, ihr Rauschen habe ich heute noch im Ohr.

1956 – Die offene Bever in der Mühlenstrasse habe ich noch erleben dürfen, denn: ein richtiger Beverunger war/wurde nur derjenige, der mindestens drei mal (ohne Fremdeinwirkung) in die Bever fiel. Die Eisenstege, welche von einer Seite zur anderen gingen, halfen dabei kräftig mit. Schnell rüber auf die andere Seite, über die Eisenstege balanciert, abgerutscht und platsch rein in das kühle Nass – und das nicht nur drei mal. Also, ich kann mit ruhigem Gewissen von mir behaupten: ICH BIN EIN BEVERUNGER !!!

Außerdem benutzten wir Kinder die Bever als Regatta-Strecke. An der offenen Bever standen immer Holz-Dimmen (klein gehacktes Holz). Die Holzstücke traten dann gegeneinander an. Sie wurden bei der Metzgerei Vattmann akurat in die Bever geworfen (kein Stück durfte Vorsprung haben). Unter lauten Anfeuerungsrufen begleiteten wir die Renn-Objekte bis zur Fabrik Buddenberg. Dort fing ein Wehr unser Holz auf, und wir konnten genau sehen, wer gewonnen hatte. So ganz im Vertrauen: dabei sind etliche in die Bever gefallen, nicht das Holz, die Anfeuerer. (passt gut, Holz-Feuer-Anfeuerer) War das eine fantastische, tolle Kinderzeit!!!!

Winter 1949 – ein Schlepp-Verband auf der Weser. Auf dem Foto sieht die Weser sehr breit aus. Da fehlt doch etwas – genau, die Schlachten und Buhnen. Heute könnte so ein Schlepp-Verband mit Sicherheit nicht mehr auf der Weser fahren. Das Bild strahlt große Kraft aus: vorne der Schaufelrad-Dampfer mit großem Schornstein und zwei mächtigen Schaufeln und im Schlepp zwei motorlose Kähne. Und die Weser steht kurz davor: noch ein paar Tage Frost, und ich bin zugefroren.

Burgstrasse in Beverungen. Oben an der Kreuzung nach rechts geht es weiter auf der Burgstrasse zur Langenstrasse und an der Kreuzung nach links landet man im „Feindesland“(Gr**) Lauenförde.

Auf dem rechten Bild sieht man einen Teil der katholischen Volksschule und kann einen kleinen Blick auf den Schulhof werfen (links im Bild). Das Haus neben der Schule flößte uns Kindern immer Angst ein. Dort wohnte eine Frau, die immer dunkle, schwarze, lange Kleider trug. Sie war uns nicht ganz geheuer. Wir nannten sie „Pascha Molla“. Der Name hat sich bei mir eingebrannt, aber warum wir sie so nannten – keine Ahnung.

Beverungen, Am Hakel, ca.1968. Rechts im Bild das Wahrzeichen von Beverungen – die Burg. Im Hintergrund zeigt sich die Molkerei, und im Vordergrund: Licht aus!! Spot an!!  Jaaa, das ist er!! Unser Schuppen!! Dort hat unsere Clique manche fröhliche Stunde verbracht. Natürlich auch traurige, wegen Herz-Schmerz und so. Aber dafür oder dagegen gab es ja die „Sündenallee“, ein kleines Stückchen sieht man von ihr, vorm Schuppen nach links. Ach ja, und ganz im Hintergrund meldet sich mit ausgestrecktem Türmchen die evangelische Kirche. So, jetzt hab ich sie alle, so oder so…..

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Religionskriege im Mochenland

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Damit auch jeder weiß, wer die „Religionskriege“ im Mochenland angezettelt hat, stellt die Person sich jetzt selber vor:

Holdrio, Ihr alten Mochenländer!

Auch ich habe dort gewohnt, bin aber schon wesentlich älter als Du. Deshalb hatten wir nicht dieselben Lehrer. Ich habe bis jetzt nur die Seiten deiner Schulberichte gesichtet.

Hierbei interessiert mich, ob du die katholische Volksschule in Beverungen besucht hast, in deren Nähe die Burg heute immer noch steht.

Dort bin ich 1945 eingeschult worden. Meine Klassenlehrerin war Frl. Böhm, die nach meinem Horensagen ebenfalls aus Essen stammte. Da ich aber offiziell evangelisch war, bin ich 1946 in die evangelische Volksschule an der Dalhauser Str. gekommen, wo wir meistens mit zwei Klassen in einem Raum unterrichtet wurden. Die Lehrer, die ich von dort noch kenne: Herr Mundhenk, Herr Nürenberg, Frl. Meier, wobei ich nicht genau weiß, wie diese Herrschaften sich schreiben, denn die Zeugnisse von damals sind mir alle abhanden gekommen.

Von deiner katholischen Volksschule kenne ich außer meiner Klassenlehrerin nur noch das Frl. Pflück-den Baum, offiziell so ähnlich wie Plückebaum.

In deiner Realschule war ich ebenfalls, aber nur von 1949 bis 1950, also nur in dem Gebäude, das an der Bahnhofstraße stand und vor Jahren einem Verkaufsladen Platz gemacht hat. Danach bin ich ins Ruhrgebiet umgesiedelt, wo ich auch geboren bin. Aus der damaligen Mittelschule (warum hieß die eigentlich Rektoratschule?) kenne ich Herrn Schmale, Herrn Sannig, Herrn Miles, Herrn Domann, Frl Seiler, Frl. Welling, Herrn Klare und vielleicht noch einige andere, deren Namen mir jetzt nicht einfallen. Leider habe ich mit niemandem Kontakt, der damals meine Klasse besucht hat, denn diese Opas sind anscheinend alle schon zu alt, um sich mit Bits und Bytes zu befassen.
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Übrigens war ich bis gestern noch vor deínem nicht mehr existierenden ehemaligen Wohnsitz in der Mühlenstraße, denn dort habe ich mal wieder Urlaub gemacht. Hierbei werden alle 2 Jahre alte Erinnerungen wach und alte Bäume aufgesucht, an die ich mal gepinkelt habe.

Es grüßt dich Wolfgang Prechter, einst wohnhaft in Beverungen, Bahnhofstr. 309

…und jetzt kriegen se sich….

(aus der Erinnerung heraus von Wolfgang Prechter)

Wie ich vorher schon berichtet habe, war ich seit 1945 als Evangelischer mit den katholischen Schülern in der Beverunger Volksschule, wo wir gemeinsam in einem Klassenraum unterrichtet wurden. Nur zum Religionsunterricht wurden wir getrennt. Meine allererste Religionsstunde sah so aus, daß ich mich mit anderen Schülern aus meiner Klasse in die erste Etage begeben mußte. Dort erzählte dann, wahrscheinlich war es ein „Frollein“, etwas vom lieben Gott und was sonst noch auf diesem Gebiet erwähnenswert war, und das alles sehr ausschmückend und in einer Form, daß ich mich, wie in einer Märchenstunde, richtig in das Geschilderte einfühlen konnte und mir alles sehr interessant erschien.

Plötzlich ging die Klassentür auf, eine Mitschülerin kam herein und fragte nach einem Wolfgang Prechter, der ich bis heute noch bin. Dann machte sie mir klar, daß ich doch evangelisch sei und meinen Religionsunterricht eine Etage tiefer absolvieren sollte. Ich ärgerte mich, weil ich auf diese Art aus den schönen Erzählungen der katholischen Lehrerin mit guten und bösen Geistern, Engeln usw. herausgerissen worden war.

Eine Etage tiefer unterrichtete ein männlicher Lehrer das Fach aus evangelischer Sicht und erzählte etwas über das Paradies mit all den schönen Früchten, Äpfeln und „Bürrnen“, wie er sich ausdrückte, die an den dortigen Bäumen hingen. Ich weiß noch ziemlich genau, daß er „Kürrche“ und „Bürrne“, mundartlich geprägt, gesagt hatte, und jedesmal, wenn er über die dortigen „Bürrnen“ sprach, und dabei das „R“ so appetitlich rollte, lief mir das Wasser im Mund zusammen, denn es war ein ziemlich warmer Tag, und Kinder haben meistens Durst.

Ich nehme an, daß das Schuljahr 1945 irgendwie wegen der Nachkriegswirren verkürzt war. Einige Wochen später mußten wir „Evangelen“ zum Religionsunterricht in das heutige evangelische Gemeindehaus an der Dalhauser Straße gehen, und nach Beendigung des ersten Schuljahres stellte dieses Haus meine endgültige evangelische Volksschule dar, in der wir in einem Klassenraum mit mindestens zwei Klassenverbänden zusammen von einem einzigen Lehrer unterrichtet wurden. Zuerst war es ein Fräulein Gerda Meier, später Herr Mundhenk, dessen Vornamen ich nicht weiß.

Die Geographie Beverungens und die annähernd gleichen Schulzeiten beider Konfessionen wollten es, daß beide „Sorten“ von Schülern oft zur selben Zeit ihren Nach-Hause-Weg antraten, die „Katholen“ über die Burgstraße zur östlichen Seite und wir „Evangelen“ über die Dalhauser Straße zur westlichen Seite der Lange Straße, auf der sich der gemeinsame Weg in Richtung Norden durch Beverungen vollzog, denn beide Schulen waren am südlichen Ende Beverungens angesiedelt. Alle paar Tage kam es vor, daß entweder  von der katholischen oder von der evangelischen Seite der Lange Straße auf die andere Seite hinübergepöbelt wurde, etwa dadurch, daß aus Richtung Osten herübergerufen wurde: „Evangelium!“, ohne daß der Rufer wußte, was dieses Wort bedeutet. Von der westlichen Seite der Lange Straße pöbelte man Zurück: „Katholium!“ Dann folgte das, was an manchen Tagen unausbleiblich war: Man entledigte sich seines Tornisters – das waren die Dinger, die heute bei den Schülern durch Rucksäcke ersetzt worden sind – und balgte oder klopfte sich entweder auf der katholischen oder auf der evangelischen Seite der Straße, um auszufechten, welcher Gott denn nun der richtige sei. Manchmal zankte man sich auch mitten auf der Straße, die heute als Bundesstraße 83 für tägliches Verkehrsgewimmel sorgt, wobei auch schwere LKW mit von der Partie sind. Eine Schlägerei nach damaligem Muster wäre also heute aus diesem Grund im Keim erstickt bzw. plattgefahren worden.

Diese christlichen Unstimmigkeiten blieben der Lehrerschaft nicht verborgen, und mein evangelischer Lehrer Mundhenk hielt vor der Klasse eine Ansprache, in der er den Unsinn dieser Schlägereien verdeutlichte, etwa mit den Worten: „Stellt euch vor: Gestern habe ich mit Fräulein Plückebaum (und die war katholisch) im Café an der Ecke Lange Straße/Burgstraße gesessen, und meint ihr vielleicht, wir hätten uns da geklopft wie die Kesselflicker? Nein!! Wir haben uns dort angenehm unterhalten und unseren Kaffee genossen.“ Der Vortrag wurde noch etwas weiter ausgebaut, und die Pöbeleien auf der Bundesstraße 83 hatten damit für die nächste Zeit ihr Ende genommen.

Das Interessanteste daran war, daß von den beteiligten Schlägern, die nicht zu vergleichen sind mit den heutigen brutalen Schlägern des neuen Jahrtausends, niemand wußte, daß ich zu keiner der beiden Parteien gehörte, denn im Jahr 1939 hatte sich ein evangelischer Pastor in Essen, meiner Geburtsstadt, geweigert, mich zu taufen, weil mein Vater aus der Kirche ausgetreten war. Dieses Geheimnis mußte ich während meiner gesamten Schulzeit für mich bewahren und mich zehn Jahre lang durch den Religionsunterricht durchmogeln, was mir als angelerntem Mochenländer (Mogelländer) auch gelang, und noch heute denke ich darüber nach, was man denn wohl während meiner Volksschulzeit mit mir gemacht hätte, wenn ich mich damals als Heide geoutet hätte. Ob dann wohl in der Mitte der Bundesstraße 83, auf neutralem Boden, ein Pranger für mich, den Ungläubigen, errichtet worden wäre und man mich dort geteert und gefedert hätte?

Das Bild zeigt mich auf der neuen Aussichtsplattform, die erst vor einigen Monaten eingeweiht worden ist und sich in der Nähe des Steinbruchs zwischen Würgassen und Karlshafen befindet. Der Blick ist auf Karlshafen gerichtet.

Wolfgang Prechter


Abriss/Neubau in der Bahnhofstrasse

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…es steht ja schon alles im Zeitungsartikel vom Westfalenblatt. So verändert sich langsam, aber sicher das „alte“ Beverungen. Die „Lebenshilfe“ ist aber ein schönes Bauvorhaben.

Abriss/Neubau Haus Kesselstraße/Mühlenstrasse

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Als mir Heinz Fröhlich die Bilder schickte, habe ich doch einen kleinen Schock bekommen und es wurde mir richtig traurig ums Herz. Das Haus vom Scherenschleifer Hake fällt der Abrissbirne zum Opfer. Gegenüber, in der Mühlenstraße, bin ich ja aufgewachsen. Aber das Haus steht ja auch schon nicht mehr da. Also, das Haken-Haus hatte eine Besonderheit. Vorne an der Wand hing der Kinokasten vom Beverunger Kino (Familie Becker). Für uns kleinen Knirpse übten die Hochglanzfotos einen starken Reiz aus. Wir konnten es immer kaum erwarten: hoffentlich bringt der Herr Zarnitz bald neue Bilder. Wir wussten daher immer, welche Filme gerade im Beverunger Kino gezeigt wurden. Hier ein paar, die mir spontan einfallen: „Der Förster vom Silberwald“, „Der veruntreute Himmel“, „Western“ (Zorro, Fuzzy), „Das Schwarzwaldmädel“, Filme mit Hans Albers, Theo Lingen, Hans Moser, Paul Hörbiger und….und….und…..

Natürlich kenne/kannte ich das Haus auch von innen. Ich trug für Herrn Hake das Liboriusblatt und den Dom in Beverungen aus. Ganz Beverungen war zu viel für ihn. Daher: links von der Mühlenstrasse gehörte Beverungen zu seinem Verteilergebiet und rechts der Mühlenstrasse war Beverungen mein Revier. Die Zeit fliegt nur so dahin, die Erinnerungen aber bleiben, gerade jetzt

Natürlich darf die Karnevalszeit nicht fehlen, vor allem der Rosenmontag. Damals in den 50ern durften wir ja am Rosenmontag die Schulbank drücken. Normaler Weise, bis, ja bis…..

Aber von vorn: Herr und Frau Hake hatten eine sehr schöne Tochter. Sie spielte wunderbar „Schifferklavier“ (ja, ja, ich weiß, es heißt Akkordeon, aber bei uns hieß das damals „Schifferklavier“). Sie, die Maria, und ihr Vater zogen am Karneval als Straßenmusikanten durch Beverungen. Maria mit dem „Schifferklavier“ und Herr Hake mit Pauke und kleinem Schlagzeug. Beide waren als Clowns verkleidet, und überall wo sie auf der Strasse spielten, freuten sich die Beverunger. Und jetzt zu dem „Normaler Weise (normalerweise?): Am Rosenmontag fieberten wir in der Realschule der Musik entgegen, die doch bald kommen mußte. Wo bleiben die denn, es ist schon viertel vor Zehn. Unruhig rutschten wir auf den Stühlen herum. Ein Ohr Richtung Bahnhofstraße, das andere Ohr gönnten wir dem Lehrer. Da, haste gehört? Sie kommen!! Und dann, so als wenn die beiden, Vater und Tochter Hake, uns erlösen wollten, hielten sie direkt vor der Schule an und spielten ihre Musik. Da gab es natürlich für uns kein Halten mehr. Raus auf die Straße und mit Rabatz gemacht. Maria und Herr Hake freuten sich diebisch und lachten mit uns um die Wette: sie hatten es wieder geschafft. Denn: die Lehrer gaben sich geschlagen und wir bekamen schulfrei. Jetzt, da wo ich diese Zeilen schreibe (hallo, hallo, diese Wortwahl kenne ich doch!!), kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Also, Maria und Herr Hake, ich verneige mich vor Euch, Ihr habt uns Beverungern unvergeßliche Stunden geschenkt. DANKE!!!!!!!

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