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Bruchhausen und Amelunxen Рzwei freundliche Nethed̦rfer

Amt Beverungen 1956 05 Januar, 2010

…und weiter geht´s mit und aus Hermann Noltes Heimatbüchlein….(1955)

Es ist erstaunlich, wie sich die Menschen oft so vernünftig in eine Landschaft hineingebaut haben. Dem kann man gut nachspüren in dem aufstrebenden Bruchhausen und dem winkeligen Amelunxen.
Wie so anschmiegsam und still versteckt sind doch diese zwei Taldörfer! Eingebettet im grünen Nethetal, umgeben von stattlichen Buchen- und Fichtenwaldungen, unterscheiden sich die beiden Orte in mehrfacher Hinsicht von den Höhendörfern Tietelsen, Rothe, Drenke.
Ein Fluß verschönert die Landschaft, Wasser bringt Leben und erleichtert das Leben, guter Talboden bessert die Wirtschaft, nährt mehr Menschen. Während jedes der drei genannten Bergdörfer nur einige hundert Einwohner hat, sind es in Amelunxen eineinhalbtausend, in Bruchhausen eintausendeinhundert.

Aus Altem gewachsen

Jahrhundertelang haben viele Bauern-Generationen in Bruchhausen und Amelunxen neben den fetten Wiesen an der Nethe das Ackerland genutzt, und man erzielt heute selbst an den Berghängen gute Erträge, die Geschäftsleute betreiben ihr dörfliches „Warenhaus“, die Handwerker ihr gutes Handwerk, die Beamten (in den beiden Ortschaften leben auffallend viele Eisenbahner) versehen ihren Dienst und haben dazu ihr eigenes Häuschen, ihren kleinen Garten und Acker. Alle – Bauern, Geschäftsleute, Handwerker – brachten es hier zu einem gewissen Wohlstand.

Erholungsort mit Naturquelle

Bruchhausen und Amelunxen, diese etwas abseitigen schönen Dörfer am Nethefluß, haben zwar keine durchgehende Bundesstraße, nicht einmal eine Hauptverkehrsstraße und keinerlei Industrie. Dafür erlaubt aber ihre landschaftliche Lage im gepriesenen Nethegau und ihre ländliche Stille ihre Einbeziehung in den Sommergästebetrieb. Als spezieller Vorzug Bruchhausens sind noch seine Mineralquelle, der Kurpark und die neuen Erholungsplätze zu nennen. Die Trink- und Heilquelle ist in jüngster Zeit sogar durch ministerielle Anordnung des Landes Nordrhein-Westfalen als gemeinnützig anerkannt worden. Besonderer Dank gebührt dem zeitigen Ortsheimatpfleger, Pfarrer Kesting, dafür, daß er den Gedanken von der großen Bedeutung der Quelle wieder aufgegriffen hat und weiter auch eine Schrift herausbrachte, betitelt: Bruchhausen im Nethetal. Der Verfasser berichtet über Bruchhausend gegenwärtige Verhältnisse, darüber hinaus bringt er wesentlich neue Erkenntnisse über die Ortsgeschichte sowie über die geologischen Elemente und die Heilkraft der Mineralquelle. Die Schrift enthält Bilder über schöne Partien im Ort. Jede Familie in Bruchhausen tut gut daran, sich die gehaltvolle Schrift zu sichern.
Den Bemühungen und der Tatkraft von Pfarrer Kesting und der regen Mitarbeiterschaft aus der Bevölkerung ist es zu verdanken, daß das früher verborgene Dorf Bruchhausen heute weit bekannt geworden ist und viele Freunde und Sommergäste bekommen hat. Dem anhaltenden Regen zum Trotz waren es in der Saison 1954 1000 Gäste (in Amelunxen waren es etwa 700).
Ansonsten haben die beiden Dörfer Bruchhausen und Amelunxsen noch andere besondere Schönheiten bzw. Merwürdigkeiten.
Die katholische Kirchengemeinde Bruchhausen besitzt seit 250 Jahren in ihrer Pfarrkirche ein kostbares Kleinod, das romanische Muttergottes-Gnadenbild. Es findet an Marientagen hohe Verehrung. Das traditionelle dörfliche Hauptfest in Bruchhausen ist der Laurentiustag. Zum Laurentiusmarkt von Bruchhausen kommen Gäste aus dem ganzen Kreise Höxter ins Schöne Nethedorf.

Kostbare Zeugen alter Zeit

Und in unserem uralten Amelunxen gibt es malerische Winkel und Gassen, schöne Bauern- und Bürgerhäuser. Amelunxen hat – was sonst sehr selten vorkommt – zwei sehenswerte Dorfkirchen und als Paradestück noch das Herrenhaus der ehemaligen Familie von Amelunxen. Das zweistöckige Haus ist merkwürdig; es scheint als Doppelhaus erbaut zu sein. Zwei Haustüren führen vom Treppenvorbau nebeneinander ins Innere, zwei Erker im oberen Stockwerk betonen die Symmetrie. Schloß und Gut zu Amelunxen sind ebenso wie der Adelshof in Bruchhausen heute Besitz der Familie v. Wolf-Metternich.

Siedlungen auf gleicher Grundlage

Der Anfang der zwei Orte Bruchhausen und Amelunxen liegt weit, weit zurück im Dunkel der Geschichte. Ihre geschichtliche Entstehung und Entwicklung geschah auf gleicher Ebene. Die Voraussetzungen für eine Siedlung waren an beiden Stellen gleich günstig. Von Anfang an und immer war Wasser da. Und ringsumher guter Boden. Also alles, um den Siedlern die Vollexistenz zu garantieren.
Bruchhausen war jahrhundertelang uralter, freier Besitz des Adelsgeschlechtes von „Brokhusen“. Dieses kam mit der Ortschaft Bruchhausen um 1300 in lehnsmäßige Abhängigkeit zum Kloster Corvey. Als 1450 das Geschlecht „von Bruchhausen“ in männlicher Linie erlosch, ging der Besitz an das verwandte Geschlecht „v.Mense“ und später an die „v.Kanne“ über. 1884 verzog der letzte v.Kanne und Reichsfreiherr v.Wolff-Metternich erwarb das Gut Bruchhausen käuflich.
Im 30jährigen Kriege wurden Bruchhausen und Amelunxen teilweise zerstört und entvölkert. In der Folgezeit und später auch nach dem 7jährigen Kriege hinderten Teuerung und Hungernot die Entwicklung der beiden Orte.
Ähnlich wie im Mittelalter die Gutsherren zu Bruchhausen und Amelunxen der Abtei Corvey verpflichtet waren, so war und blieb die bäuerliche Bevölkerung bis zu den Freiheitskriegen in Lehns-Abhängigkeit vom Gutsherrn. Der Grundherr übergab einem Bauern Meiergut, einem Kötter* das Kötterland zur Bewirtschaftung. Als Gegenleistung mußten diese Abgaben (Roggen, Hafer, usw.) abliefern oder Hand- und Spanndienste leisten. Förster, Verwalter, Mahlmüller, Pfarrer und Küsterlehrer bekamen vom Hof Naturalabgaben und Gefälle.
Nach den Freiheitskriegen finden wir in Bruchhausen immer mehr Leineweber und Bleicher, die das gesponnene Leinen auf den Bleichwiesen beiderseits der Nethe veredelten. Als um die letzte Jahrhundertwende die Technik und Industrie ihren Siegeszug antraten, war es mit dem Bruchhauser Bleichgewerbe vorbei. In den letzten Jahren ist man auch in Bruchhausen und Amelunxen bemüht, „Sommerfrische“ zu werden und etwas zu bieten. Alle Achtung, kleines dynamisches Bruchhausen! Unsere Hochachtung auch dir, apartes Amelunxen!

* Kötter waren Dorfbewohner, die einen Kotten bzw. eine Kate besaßen. Kötter können in Deutschland ab dem 14. Jahrhundert belegt werden.

Die Höfe der Kötter waren meist am Dorfrand angesiedelt oder von alten Höfen abgeteilt. Da der Ertrag häufig nicht für den Lebensunterhalt ausreichte, verrichteten sie meist zusätzlich handwerkliche Arbeiten oder arbeiteten im Tagesdienst auf Bauern- und Herrenhöfen. Ihr Landbesitz betrug meist eine achtel bis zu einer halben Hufe, sie besaßen wenig Vieh und höchstens ein Pferd.

„Ein Kossät musste als Gegenleistung für die Überlassung eines Hauses und eines Grundstücks für eigene Bewirtschaftung an den Grundherrn nicht nur Zinsen in bar und Naturalien (z. B. Hühner, Getreide) sondern auch ‚Hand- und Spanndienste‘ leisten, d. h. bei der Ernte helfen usw.
Quelle: Wikipedia

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